ANTON X

Mr Jock
Ensemble, Audio, Video

Dokumentation

Das Stück thematisiert den Unterschied zwischen den durch das politische System verbreiteten Botschaften (meistens in Form von Propaganda) und den eigentlichen Absichten des Systems. Mit anderen Worten handelt es sich um Ideologie. Der Begriff setzt sich aus zwei Aspekten zusammen: den von einem politischen System öffentlich verkündeten Werten und der so genannten „verdeckten Kehrseite“, einem ‚schmutzigen‘ Geheimnis, das, damit eine Ideologie funktionieren und sich effektiv reproduzieren kann, unausgesprochen bleiben muss. Ideologie pflegt ihre verdeckten Mechanismen, die ihre Aufrechterhaltung gewährleisten. Sie liefert immer ein illusorisches Surplus, die versteckte Botschaft in ihren Produkten mit und genau die treibt uns an, ohnmächtig weiter zu gehorchen. Es gibt also eine Diskrepanz zwischen der Wahrgenommenen Wirklichkeit und der im Kapitalismus nicht erreichbarer Realität.

Die Grundlage der Arbeit ist ein Forum-Thread aus dem Darknet. Durch die totale Anonymität verwischen im Darknet die Grenzen aller Kontexte. In diesen Ecken des Netzabgrundes ist es kaum möglich, Informationen Kontexten zuzuordnen. Da surft man im kontextuellen Vakuum, in dem man nicht mehr eindeutig sagen kann, ob die an dem Thread Beteiligten geil, ernst, witzig sind oder ob sie eine terroristische Attacke planen.

Jedem Symbol des textlichen Materials aus dem Chat ist eine Tonhöhe zugewiesen. Der getippte Text erscheint auf dem Video, die entsprechenden Tonhöhen erklingen synchron mit dem Bild über die Anlage, das Ensemble “tippt” mit.

Im Laufe des Chats werden die Nachrichten immer obszöner und gewaltiger. Und je schlimmer wird es, desto größer wird die Diskrepanz zwischen dem Audio/Video und dem Ensemble.

Am Anfangs des Stückes ist das Ensemble unisono mit dem Zuspiel. Im Laufe des Stückes wird das Zuspiel almählich um eine kleine Sekunde nach oben transponiert. Am Ende des Stückes spielt das Ensemble die tatsächlichen Tonhöhen des Chats, das Audio sonifiziert hingegen alphabetisch um eine Position verschobene Symbole.

Das Konzept wird auch auf dem Video verfolgt: Am Anfang des Stückes ist der Text klar lesbar, langsam wird er aber mit sich selbt überlagert (analog zu der Transposition des Zuspiels) und dann am Ende des Prozesses auch noch verschlüßelt: Alle symbole werden alphabetisch um eine Position verschoben. Die tatsächlichen Nachrichten werden auf dem Video unlesbar, aber im Ensemble immer noch hörbar! Am Ende des Stückes nur das Ensemble liefert die verdeckte Botschaft.

Kompositionsauftrag von Neues Kollektiv München.

Projektinformation:

Kategorie: Ensemble, Audio, Video

Besetzung: SSax, Schlzg, Klv, E-Git, FOH-Regie

Dauer: ca. 19'

Datum: 22. Sep 2018

Partitur: PDF